Essen als Grüne Hauptstadt Europas: Beteiligung wird groß geschrieben

Von Simone Raskob

Im Jahr 2017 blickt ganz Europa nach Essen: Die Ruhrmetropole ist Grüne Hauptstadt Europas –ernannt von der EU-Kommission. Menschen, die Essen und die Region bisher noch nicht besucht haben, fragen sich möglicherweise, wie ausgerechnet eine Kohle- und Stahlstadt Europas grüner Mittelpunkt werden konnte. Doch alle, die in den letzten Jahren in unserer Stadt zu Gast waren, wissen: Diese Stadt ist durch und durch grün. Ihre industrielle Vergangenheit mit rauchenden Schloten hat Essen längst hinter sich gelassen. Und das hat schließlich auch den Ausschlag gegeben für das Votum der Jury. Die Transformation von grau zu grün soll als Vorbild dienen für andere europäische Städte, die sich noch mitten im Strukturwandel befinden. Essen ist inzwischen die grünste Stadt in Nordrhein-Westfalen und die drittgrünste Stadt Deutschlands – mit 376 km Radwegen, 9.000 Kleingärtnern und 3.100 ha Grün- und Waldflächen.

 

Grünes Wunder
Seit 2010 wird nun bereits jährlich eine Stadt ausgezeichnet, die nachweislich hohe Umweltstandards erreicht und ehrgeizige Ziele für die Zukunft formuliert hat. Die erste Grüne Hauptstadt war Stockholm. Es folgten Hamburg, Vitoria-Gasteiz, Nantes, Kopenhagen, Bristol und schließlich Ljubljana. Und all diese Städte setzten andere Schwerpunkte in ihrem Titeljahr. Die Stadt Essen möchte in 2017 zeigen, wie grün sie bereits ist und wie grün sie noch werden will. „Erlebe dein grünes Wunder“ lautet das Motto unseres Jahres. Das Programm ist gegliedert in die Oberthemen „Meine Flüsse“, „Meine Wege“, „Mein Grün“, „Mein Einkauf“ und „Meine Zukunft“. Über 300 Aktionen – darunter über 50 Fachtagungen, Veranstaltungen und infrastrukturelle Projekte – werden über das Jahr hinweg angeboten. Einen großen Teil des Programmes nehmen auch die Bürger*innenprojekte ein, die auf unterschiedliche Art und Weise zeigen, wie man Stadt und Gemeinde gemeinsam gestalten kann. Ich möchte Ihnen gern ein paar Beispiele vorstellen.
 

Ein Gartenbücherschrank für den Grugapark Essen
In der Essener Stadt gibt es bereits viele erfolgreiche Bücherschränke. Nun möchte die Gesellschaft zur Förderung der Gartenkultur e.V. einen Gartenschrank voller Gartenbücher anbieten. Die Idee, die dahintersteckt: Menschen leihen sich Bücher oder nehmen diese mit, lassen aber auch eigene Gartenliteratur zurück.
 

Grau raus, Farbe rein!
„Die Mauer muss weg" ist ein Projekt der Bürgerinitiative BIGWAM e.V. Mit Hilfe von engagierten und professionellen Sprayer*innen, Schulkindern und Flüchtlingen entsteht aus einer tristen, grau-grünen Mauer ein Kunstwerk, das zur Diskussion und zur Begegnung einlädt und das Miteinander von Nachbarn und Migranten fördert.
 

Küche für alle
In einer nachbarschaftlichen Gemeinschaftsküche soll zu den vier Jahreszeiten gemeinsam saisonal gekocht und gegessen werden. Gekocht wird mit Früchten, die an öffentlich zugänglichen Mundraub-Plätzen gemeinsam gesammelt wurden oder aus Foodsharing-Projekten stammen.

Sound of Essen
Den Sound der beiden Flüsse Ruhr und Emscher der ganzen Welt zugänglich machen – das ist das Ziel des Projekts „Sound of Essen“. In fünf Aufnahmesessions werden die Klänge im Wasser und an den Ufern von Ruhr und Emscher eingefangen. Die Ergebnisse werden in einem Web-Blog zum Anhören und zum Download mit informativen und unterhaltenden Texten, Fotos und Karten bereitgestellt.


Bürger*innen beteiligen sich
Das Engagement der Bürgerinnen und Bürger ist ein Herzstück der Grünen Hauptstadt Europas – Essen 2017 und zeigt eindrucksvoll, dass sich die Ruhrgebiets-Metropole auf dem Weg in eine noch sozialere, klimafreundlichere, kohlenstoffärmere und resilientere Stadt mit hoher Lebensqualität befindet. Dabei ist das Grüne Hauptstadt-Jahr nur der Auftakt einer Grünen Dekade, die die gesamte Region in den nächsten Jahren prägen wird: Die Emschergenossenschaft schließt den Emscherumbau im Jahr 2020 ab, im Jahr 2022 findet die Ergebnispräsentation der KlimaExpo.NRW statt und im Dezember letzten Jahres erhielt die Region den Zuschlag für die Internationale Gartenbauausstellung 2027. Ich möchte Sie alle einladen, im Jahr 2017 in Essen Ihr ganz persönliches Grünes Wunder zu erleben. Das Programm der Grünen Hauptstadt Europas – Essen 2017 finden Sie auf unserer Website www.essengreen.capital .

Simone Raskob ist Umwelt- und Baudezernentin der Stadt Essen und Projektleiterin der Grünen Hauptstadt Europas Essen 2017


Hintergrund

Was ist die Grüne Hauptstadt?
Mit dem Titel „Grüne Hauptstadt Europas“ wird eine europäische Stadt ausgezeichnet, die nachweislich hohe Umweltstandards erreicht hat und fortlaufend ehrgeizige Ziele für die weitere Verbesserung des Umweltschutzes und der nachhaltigen Entwicklung verfolgt. Da mehr als zwei Drittel aller Europäer in Städten leben, haben viele Umweltschutzanstrengungen hier ihren Ursprung. Der Wettbewerb soll Städte zu weiteren Maßnahmen anregen und eine Plattform zur Vorstellung bewährter Verfahren bieten, sowie den Austausch zwischen europäischen Städten voranbringen.
 

Warum Essen?
Mit Essen hat erstmalig in der Geschichte der Green Capital eine Stadt der Montanindustrie den Titel gewonnen. Die erfolgreiche Transformationsgeschichte einer Kohle- und Stahlstadt zur grünsten Stadt in Nordrhein-Westfalen ist Vorbild für viele Städte Europas im Strukturwandel.
In der Begründung wurde die Vorbildrolle der Stadt Essen für viele Städte in Europa im Strukturwandel, aber auch die Rolle der Stadt Essen innerhalb der Metropole Ruhr hervorgehoben. Der ganzheitliche Ansatz der Bewerbung hat die Jury beeindruckt. Insbesondere die Lösungsvorstellungen für die Zukunft einer „lebenswerten Stadt“ unter Berücksichtigung der Auswirkungen des Strukturwandels von einer Kohle- und Stahlstadt „zur grünsten Stadt“ in NRW wurden herausgestellt.
Die besondere Bedeutung der grünen Infrastruktur am Beispiel des „Emscherumbaus“ bis zum Projekt „Essen.Neue Wege zum Wasser“ hat den ganzheitlichen Transformationsprozess über alle Themenfelder vermitteln können.