Grüne Landtagsfraktion: Innenausschuss hat Änderung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes beschlossen

03.05.2016. Am letzten Donnerstag wurde im Innenausschuss des Landtags das neunte Gesetz zur Änderung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes für NRW beschlossen. Es wird am 11./12. Mai mit der 2. Lesung des Landtags verabschiedet. Darin geregelt werden die Ergebnisse aus der Vereinbarung zwischen Kommunalen Spitzenverbänden und den Landtagsfraktionen von SPD und Grünen aus dem Dezember des letzten Jahres. Mit dem ersten Nachtragshaushalt 2016 hat das Land bereits die finanziellen Voraussetzungen geschaffen, um die Ergebnisse umzusetzen. Ein Kommunalinfo von Monika Düker, Sprecherin für Flüchtlingsfragen der Fraktion, beantwortet die wichtigsten Fragen.

Wie viel Geld erhalten die Kommunen in 2016 vom Land NRW und wie wird es verteilt?

Die nordrhein-westfälischen Kommunen erhalten für die Aufnahme und Versorgung von kommunal zugewiesenen Geflüchteten Mittel vom Land über das Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG). Das Jahr 2016 ist ein Übergangsjahr, in dem die FlüAG-Mittel nach dem jetzigen gesetzlich geregelten Verteilschlüssel 90 Prozent Einwohner / 10 Prozent Fläche verteilt werden. Die oft zitierten 10.000 Euro pro Geflüchteten und Jahr bilden die Berechnungsgrundlage für den Gesamtbetrag, der dann über den FlüAG-Schlüssel an die Kommunen ausgezahlt wird. NRW hat diese Jahrespauschale gegenüber dem Vorjahr von ca. 7.500 Euro auf 10.000 Euro nicht unerheblich erhöht. Der Gesamtbetrag wurde zunächst auf Grundlage einer Bundesprognose aus dem Herbst 2015 (800.000 Geflüchtete in 2016 bundesweit, 194.754 Geflüchtete inkl. Geduldeter in NRW) berechnet und lag demnach bei 1,948 Milliarden Euro.

Zwischen den Kommunalen Spitzenverbänden (KSV) und der Landesregierung wurde jedoch auch vereinbart, diesen Gesamtbetrag noch einmal auf Grundlage der tatsächlichen Flüchtlingszahlen zum 01.01.2016 anzupassen. Die dem Innenministerium vorliegenden Meldungen der Kommunen haben ergeben, dass sich der tatsächliche Bestand der in den Kommunen befindlichen Flüchtlinge zum Stichtag 1.1.2016 auf circa 200.000 Flüchtlinge belaufen hat. Das sind etwa 19.000 Flüchtlinge mehr als (exklusive Geduldeter) ursprünglich prognostiziert. Wir gehen daher davon aus, dass die zu verteilende Summe analog zum Anstieg der Zahl der Geflüchteten noch einmal um ca. 10 Prozent auf ca. 2,2 Milliarden Euro ansteigt. Das Geld wird mit einem zweiten Nachtragshaushalt 2016 bereitgestellt und den Kommunen anschließend noch in diesem Jahr ausbezahlt. Darüber hinaus wurden zwischen KSVen und der Landesregierung auch weitere Gespräche zu einer erneuten Überprüfung spätestens im vierten Quartal 2016 vereinbart.

Wieso folgt die Verteilung des Geldes nicht analog zur Verteilung der Geflüchteten?

Das Land NRW hat für eine gerechte und gesetzestreue Verteilung der Geflüchteten und der FlüAG-Mittel zu sorgen. Das konnte im letzten Jahr aufgrund der Vervierfachung der Anzahl der Geflüchteten innerhalb eines Jahres nicht immer gewährleistet werden. Dispense, also gestattete Reduzierungen der aufzunehmenden Flüchtlinge in großen Städten, wie sie bis Anfang des Jahres an einigen Stellen zur Verhinderung von Obdachlosigkeit gestattet wurden, werden seit Anfang des Jahres ausgeglichen. Das heißt, es werden nur den Städten neue Flüchtlinge zugewiesen, die in der Unterdeckung sind. Somit gleichen sich Soll- und Istzahlen in den Kommunen wieder an und eine in der Tat zu Beginn des Jahres nicht ganz faire Situation wird schrittweise korrigiert. Ein weiterer Effekt, der zur ungleichen Verteilung von finanziellen Mitteln und Geflüchteten in einzelnen Kommunen beiträgt, ist die Anrechnung von Landesunterkünften auf die aufzunehmenden Flüchtlinge in den jeweiligen Kommunen. Uns ist bewusst, dass Kommunen ohne Landesunterkünfte hier einen entsprechend höheren Beitrag zur kommunalen Unterbringung leisten. Für das Jahr 2016 als Übergangsjahr haben jedoch auch die Kommunalen Spitzenverbände als Vertretung der Kommunen im Dezember keine bessere Lösung als die bestehende gesehen, die entsprechende Vereinbarung unterschrieben und pressewirksam bejubelt. Dies und die Veränderung des Systems erst zum Jahr 2017 gehören zur Ehrlichkeit auch in entsprechenden kommunalen Debatten dazu. Abgeschwächt wird diese Problematik in nächster Zeit aber durch den Abbau von Landesunterkünften aufgrund der zurückgehenden Flüchtlingszahlen (derzeit werden 25.000 Plätze reduziert) und durch die angekündigte Abarbeitung des Antragsstaus durch das BAMF.

Beteiligt sich der Bund angemessen an der Flüchtlingsfinanzierung?

Nein. Das Land trägt durch die Erhöhung der finanziellen Mittel insgesamt ca. 80 Prozent der Flüchtlingskosten in NRW. Es kann daher nach wie vor keine Rede von einer angemessenen Beteiligung des Bundes sein. Auch ist das BAMF nach wie vor personell nicht ausreichend ausgestattet, um den Antragsstau in diesem Jahr abzuarbeiten sowie alle neuen Asylanträge in dem gesetzlich vorgegebenen Zeitraum (3 Monate) zu entscheiden.

Systemwechsel der Finanzierung ab 2017?

Für das Jahr 2017 ist eine Systemumstellung auf eine echte Pro-Kopf-Pauschale mit den Kommunalen Spitzenverbänden (KSV) vereinbart. Auch zu der Höhe der FlüAG-Mittel haben sich die KSVen und die Landesregierung bereits im Dezember 2015 verständigt. Die zu verteilenden Mittel von aktuell 10.000 Euro sollen mit einer Dynamisierung um 4 Prozent monatlich/pro Kopf ausgezahlt werden. Das wären 866 Euro pro Monat pro zugewiesenem Flüchtling. Die monatliche Pauschale für Asylbewerber, deren Antrag negativ beschieden wurde, wird nach Vorliegen des rechtskräftigen Bescheides auf die Zahlung von drei weiteren Monaten befristet. Noch in diesem Jahr wird es eine entsprechende Änderung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes geben.

Wie entwickelt sich die Zahl der Geflüchteten in den Kommunen derzeit?

Vom 01.01. bis 12.04.2016 wurden nach Angaben den NRW-Innenministeriums ca. 53.000 Geflüchtete in NRW Landeseinrichtungen erstaufgenommen, 41.000 Flüchtlinge sind sogenannte NRW-Fälle, werden NRW also auch zugewiesen. Im März lag die Zahl 33 Prozent niedriger als im entsprechenden Vorjahresmonat. Dies zeigt einen deutlichen Rückgang der Neuzugänge. Gleichzeitig steigt die Anzahl der Anträge, die das BAMF monatlich bearbeitet, an. Daher bleibt festzuhalten, dass es derzeit keinen Anstieg der gemäß FlüAG zu finanzierenden Geflüchteten in den NRW-Kommunen gibt. Bei gleichbleibender Entwicklung und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass NRW in 2016 eine Jahrespauschale - basierend auf dem Bestand zum 01.01.2016 - zahlt, werden viele Kommunen finanziell deutlich besser dastehen, als noch vor wenigen Monaten erwartet.

Fragt nach: Wie entwickeln sich die Flüchtlingszahlen in Eurer Kommune?

Immer wieder sehen sich Grüne vor Ort mit der Aussage konfrontiert, die Zahl der Geflüchteten in den Kommunen würde weiter ansteigen, die Jahrespauschale des Landes sei daher unfair. Insbesondere in den vielen kleinen Kommunen in NRW ist dies mathematisch jedoch bei ausbleibenden Zuweisungen im ersten Quartal 2016 und gleichzeitiger Fallbearbeitung durch das BAMF gar nicht möglich. Daher fordern wir Euch auf: Stellt in Euren Sozialausschüssen oder Räten die Frage: Wie hat sich die Zahl der Geflüchteten im Asylverfahren, das heißt in kommunaler Finanzierung, im ersten Quartal 2016 tatsächlich verändert? Die Rückmeldungen sind sicher an vielen Stellen für eine entsprechende Kommunikation geeignet. Auch wir würden uns freuen, wenn ihr die vor Ort erfragten Zahlen an uns zurückmeldet.