Kommunalgutachten zum Nachteilsausgleich bei Schichtarbeit u.a.

04.09.2017 Die Ehrenamtskommission des Landtags Nordrhein-Westfalen hat in der vergangenen Legislaturperiode dem damaligen Ministerium für Inneres und Kommunales vorgeschlagen, eine wissenschaftliche Untersuchung durchzuführen, um die Erforderlichkeit sowie die rechtlichen Voraussetzungen für eine Ausweitung des bisher auf Gleitzeitmodelle beschränkten Nachteilsausgleichs gemäß § 44 Absatz 2 Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen auf weitere Berufsgruppen oder Arbeitszeitmodelle zu ermitteln. Im Herbst 2016 wurde Herr Prof. Dr. Bogumil von der Ruhr-Universität Bochum mit der entsprechenden Untersuchung beauftragt.

Im Rahmen der Analyse wurde eine repräsentative Befragung von Rats- und Kreistagsmitgliedern der verschiedenen Größenklassen nordrhein-westfälischer Kommunen durchgeführt. Hierbei handelte es sich um eine der größten Befragungen von Rats- und Kreistagsmitgliedern in Deutschland. Von 2.283 befragten Rats- und Kreistagsmitgliedern haben 1.382 den Online-Fragebogen beantwortet. Dies bedeutet eine Rücklaufquote von rund 61 %.
Die maßgeblichen Untersuchungsfragen betrafen den Umfang der Betroffenheit von flexibler Arbeitszeitgestaltung und die sich hieraus ergebenden Problemlagen und ein sich etwaig ergebender gesetzlicher Handlungsbedarf und die Beschreibung eines typischen kommunalen Ehrenamtes sowie mögliche Handlungsnotwendigkeiten nach der Analyse der Struktur des kommunalen Ehrenamtes.

Die wichtigsten Ergebnisse: Überraschend, entgegen landläufiger Meinung: Die meisten ehrenamtlichen Mandatsträger nutzen weder Freistellungsregelungen noch machen sie Verdienstausfall geltend. Die Befragung von fast 2300 Mandatsträgern aus 44 NRW-Kommunen - eine der größten Befragungen von Rats- und Kreistagsmitgliedern in Deutschland - widerlegt das Vorurteil, "Mandatsträger würden sämtliche Vorteile beziehungsweise Kompensationen ausnutzen.

Verdienstausfall
Nur 15 Prozent aller Mandatsträger nutzen die gesetzlichen Möglichkeiten, Verdienstausfälle zumindest teilweise auszugleichen.

Freistellung
Nicht mal die Hälfte der erwerbstätigen Räte nutzen Freistellungsregelungen in ihren Betrieben. Zwar werde nur in Ausnahmefällen beklagt, dass der Arbeitgeber die Freistellung für die Ratsarbeit verweigere. Allerdings wird von subtilem Druck berichtet worden und von Rücksicht auf Kolleg*innen.

Musterkomunalo
55 Jahre alt, männlich und überdurchschnittlich gebildet ist der typische kommunale Mandatsträger in NRW. Der Frauenanteil ist mit weniger als 30 Prozent in den Städten (26,7) und Kreisen (29,4) immer noch sehr gering.

Zeitliche Aufwand
70 Prozent der Mandatsträger sind erwerbstätig oder selbstständig. Sie opfern viel Zeit für ihr kommunales Ehrenamt: Der mittlere Aufwand wird in den Städten mit 32,5 Stunden im Monat  und in den Kreisen mit 29,7 Stunden etwas weniger beziffert. Die meiste Zeit opfern mit durchschnittlich 56,4 Stunden die Fraktionsspitze in den einwohnerstärksten Städten. Mehr als die Hälfte aller befragten Mandatsträger ist zudem noch an anderen Stellen wie Sportvereinen, Kirchen oder Verbänden ehrenamtlich tätig.

Flexible Arbeitszeiten/Schichtarbeit
Weitergehenden zwingenden gesetzlichen Regelungsbedarf - etwa zum Nachteilsausgleich für Menschen mit flexiblen Arbeitszeiten/Schichtarbeit – macht das Gutachten nicht fest. Dies war die Ausgangsfrage für die Untersuchung, die eine Ehrenamtskommission des Landtags noch in der abgelaufenen Legislaturperiode aufgeworfen hatte.

Größe der Räte
Jeder dritte Mandatsträger in NRW hält seinen Rat oder Kreistag für zu groß - in den Großstädten sagen das sogar über 50 Prozent.

Insgesamt engagieren sich in den 396 Kommunen in NRW rund 20.000 Männer und Frauen für ihre Städte, Gemeinden und Kreise. Die nächste Kommunalwahl steht 2020 an.

Foto: Ratsfraktion Essen

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