Verfassungsgerichtsurteil: Inklusive Stellenanzeigen

22.11.2018 Wer auf Internetseiten von Städten und Gemeinden nach Anzeigen für offene Stellen oder Ausbildungsplätze schaut, begegnet immer häufiger den Buchstaben „d“ oder „i“. Zu den bekannten „m/w“ aus den Stellenangeboten, die für „männlich“ und „weiblich“ stehen, gesellt sich seit einiger Zeit einer dieser beiden neuen Buchstaben dazu. Ein Zusatz, unter dem sich die meisten Menschen wenig vorstellen können.

Hintergrund für die neue Bezeichnung „d“ für „divers“ oder „i“ für „inter“ ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2017. Dieses hat entschieden, dass es im Geburtenregister neben den Einträgen „männlich“ und „weiblich“ die Möglichkeit geben muss, ein drittes Geschlecht eintragen zu lassen. Das ist nötig, um die geschlechtliche Identität auch derjenigen zu schützen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen, so das Bundesverfassungsgericht.

Nach Einschätzungen von Arbeitsrechtler*innen bedeutet dieses Urteil, dass es künftig nicht mehr ausreicht, in Stellenanzeigen hinter die Position lediglich ein „m/w“ (für männlich/weiblich) einzufügen. Der Kommunale Arbeitgeberverband NRW empfiehlt Kommunen, in den eigenen Stellenangeboten das dritte Geschlecht zu berücksichtigen.

Grundsätzlich gilt: Arbeitgeber*innen dürfen eine Person nicht aufgrund ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität benachteiligen (§ 1 AGG). Abgelehnte Bewerber*innen, die sich wegen des Geschlechts diskriminiert fühlen, können auf Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) klagen. Die Beweislast, nicht diskriminiert zu haben, liegt beim Unternehmen (§22 AGG).

§ 11 AGG erwähnt explizit, dass eine Stellenausschreibung nicht gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen darf. Eine Stelle muss i. d. R. geschlechtsneutral ausgeschrieben werden – nur in Ausnahmefällen ist eine unterschiedliche Behandlung zulässig (§ 8 Abs.1 AGG). Das haben Arbeitgeber*innen bisher zum Beispiel so gelöst, dass sie hinter die Stellenbezeichnung ein (m/w) gesetzt oder einen neutralen Oberbegriff verwendet haben (z. B. Pflegekraft).

Wer nur den Zusatz (m/w) in einer Stellenanzeige oder Formulierungen mit „…/in“ nutzt, schließt die Existenz eines dritten Geschlechts aus: Angesprochen werden nur männliche und weibliche Stellenanwärter*innen. Demnach könnte die Stellenanzeige eine Benachteiligung des dritten Geschlechts vermuten lassen. Neben dem inklusiven Zusatz (m/w/d) oder (m/w/i/t) – d für divers, i für intersexuell und t für transsexuell ist auch der Einsatz von Hilfszeichen wie „Verkäufer_In″ oder „Verkäufer*In″ sinnvoll, da hier eine Inklusion des dritten Geschlechts verdeutlicht wird.

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