Verkaufsoffener Sonntag - OVG gewährleistet Mindestniveau des Sonn- und Feiertagsschutzes

22.11.2018 Das Ladenöffnungsgesetz NRW muss einschränkend von den Kommunen ausgelegt werden. Das OVG Münster bestätigte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln, wonach die Durchführung eines kleinen Kunsthandwerkermarkts zu St. Martin („Roisdorfer Martinimarkt“) auf dem Parkplatz eines großen Möbelmarkts in Bornheim die Öffnung der an dem Parkplatz liegenden Möbelmärkte an einem Sonntag nicht rechtfertigte. Das Gericht stellte klar, dass ein grundgesetzlich abgesichertes Mindestniveau des Sonn- und Feiertagsschutzes nur gewahrt werde, bei einer einschränkenden Auslegung der sehr weit gefassten gesetzlichen Voraussetzungen für Ladenöffnungsfreigaben an Sonn- und Feiertagen. Das stets zu wahrende Regel-Ausnahme-Verhältnis beim Sonn- und Feiertagsschutz müsse eingehalten werden. So hat jede Gemeinde im jeweiligen Einzelfall zu prüfen und zu begründen, ob die für die Ladenöffnung angeführten Gründe ausreichend gewichtig seien, um eine Ausnahme von der Arbeitsruhe am Sonntag zu rechtfertigen.

Dies sei auch aus Gründen der Wettbewerbsneutralität unter Gleichheitsgesichtspunkten geboten. Ausgehend davon hat das OVG die besonderen sachlichen Voraussetzungen, die das Regel-Ausnahme-Verhältnis bei der Sonntagsarbeit wahren können, präzisiert. Bei örtlichen Veranstaltungen gelte weiterhin, dass diese gegenüber der typischen werktäglichen Geschäftigkeit der Ladenöffnung im Vordergrund stehen müssten, auch wenn nicht notwendig eine Besucherprognose anzustellen sei. Deshalb müsse sich die Gemeinde in einer für die gerichtliche Überprüfung nachvollziehbaren – dokumentierten – Weise Klarheit über Charakter, Größe und Zuschnitt der Veranstaltung verschaffen. Damit das Interesse an einem vielfältigen Einzelhandel wenigstens in Kombination mit anderen Sachgründen das erforderliche Gewicht für eine Durchbrechung des Sonn- und Feiertagsschutzes erlangen könne, müssten besondere örtliche Problemlagen (z. B. regional begrenzte Fehlentwicklungen oder standortbedingte außergewöhnlich ungünstige Wettbewerbsbedingungen) belegbar gegeben sein. Es müssen belegbare Problemlagen sein,  die eine Durchbrechung der Arbeitsruhe sowie eine Begünstigung bestimmter Verkaufsstellen auch unter dem Gesichtspunkt der gebotenen Wettbewerbsneutralität rechtfertigen könnten. Hierzu bedürfe es eines schlüssig verfolgten gemeindlichen Gesamtkonzepts, im Rahmen dessen verkaufsoffene Sonntage geeignet erschienen, den damit verfolgten legitimen Zielen jenseits des Umsatzinteresses des Handels zu dienen. Rechtsunsicherheit und ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand würden vor allem dort erzeugt, wo die verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht wirklich umgesetzt würden oder Kommunen versuchten, mit Hilfe der gesetzlich neu geschaffenen Sachgründe den verfassungsrechtlichen Rahmen zulässiger Sonntagsöffnungen maximal auszuschöpfen.

Es bestünden keine Zweifel, dass der Martinimarkt gerade deshalb im Gewerbegebiet durchgeführt werde, um eine sonntägliche Öffnung zweier Möbelmärkte zu ermöglichen.

Hintergrund: Die schwarz-gelbe Landesregierung hatte mit dem „Entfesselungspaket I“ in Nordrhein-Westfalen eine Neuregelung über verkaufsoffene Sonntage eingeführt. Mit dem Gesetz sollte der stationäre Einzelhandel durch erweiterte Möglichkeiten zur Freigabe sonntäglicher Ladenöffnungen im zunehmenden Wettbewerb insbesondere mit dem Online-Handel gestärkt werden. Neben der schon bisher gegebenen Möglichkeit, an Sonn- und Feiertagen bei örtlichen Veranstaltungen auch Ladenöffnungen zu gestatten, erlaubt die Neuregelung deshalb unter anderem Öffnungen, die „dem Erhalt, der Stärkung oder der Entwicklung eines vielfältigen stationären Einzelhandelsangebots“ oder „zentraler Versorgungsbereiche dienen“, die „der Belebung der Ortszentren dienen“ oder die „die überörtliche Sichtbarkeit der jeweiligen Kommune steigern“. Zugleich ist die Zahl zulässiger verkaufsoffener Sonntage auf höchstens acht und innerhalb jeder Gemeinde insgesamt nicht mehr als 16 Sonn- und Feiertage erhöht worden.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Aktenzeichen: 4 B 1580/18 (I. Instanz: VG Köln 1 L 2473/18)

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