Corona: Erwerbstätige Mütter tragen Hauptlast zusätzlicher Sorgearbeit

12.08.2020 Forscherinnen warnen vor langfristigen Nachteilen für die Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern. Bestehende Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern nehmen momentan zu. Die Fortschritte bei der Aufteilung von Erwerbs- und unbezahlter Sorgearbeit werden in vielen Familien zumindest zeitweilig zurückgenommen. Eine Momentaufnahme von der Haushalte mit niedrigeren oder mittleren Einkommen stärker betroffen sind, als Familien mit höheren Einkommen. Personen mit höheren Einkommen müssen während der Pandemie seltener ihre Erwerbsarbeit einschränken. Das zeigen Ergebnisse einer aktuellen Studie im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung.

Wenn Eltern in Zeiten geschlossener Kitas und Schulen einspringen müssen, tragen Mütter die Hauptlast: Der Studie zufolge haben in Haushalten mit mindestens einem Kind unter 14 Jahren 27 Prozent der Frauen, aber nur 16 Prozent der Männer ihre Arbeitszeit reduziert, um die Kinderbetreuung zu gewährleisten.
Familien mit wenig Geld können es sich häufig nicht leisten, auf das –meist höhere – Gehalt des Mannes zu verzichten. Da die ökonomischen Folgen der Krise noch länger spürbar sein werden, könnte eine Rückkehr zur vorherigen Arbeitszeit unter Umständen nicht möglich sein. Somit drohten auf längere Sicht drastische Folgen für das Erwerbseinkommen von Frauen: Die bestehende Lohnlücke zwischen den Geschlechtern dürfte sich dann durch die Coronakrise noch weiter vergrößern. Aus den Daten lasse sich ableiten, dass Eltern mit geringerem Einkommen von der Krise stärker betroffen sind. Die Ausfälle von Schulen und Kitas könnten bestehende Einkommensungleichheiten weiter verstärken. Bei der Arbeitsteilung innerhalb von Partnerschaften komme es oft tendenziell zu einer „Retraditionalisierung“.
Nur rund 60 Prozent derjenigen Paare mit Kindern unter 14 Jahren, die sich die Sorgearbeit vor der Coronakrise fair geteilt haben, tun dies auch während der Krise. Bei den übrigen übernehmen in knapp 30 Prozent der Fälle die Frauen und in gut 10 Prozent der Fälle die Männer den Hauptteil der Sorgearbeit. Bei Paaren mit einem Haushaltsnettoeinkommen unter 2000 Euro und zuvor ausgeglichener Arbeitsteilung praktizieren aktuell sogar nur 48 Prozent weiterhin dieses Modell. Das zeige, dass Eltern, die finanziell stark unter Druck stehen, weniger Spielräume für eine faire Arbeitsteilung bleiben.
Frauen erhalten seltener Aufstockung beim Kurzarbeitergeld
Frauen (28 Prozent) erhalten seltener eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes als Männer (36 Prozent). Ein möglicher Faktor dabei: Frauen arbeiten häufiger in kleinen Betrieben und werden seltener nach Tarif bezahlt als Männer.
Bettina Kohlrausch, Aline Zucco: Corona trifft Frauen doppelt – weniger Erwerbseinkommen und mehr Sorgearbeit, WSI Policy Brief Nr. 40, Mai 2020. Download

Foto: Stefan Bayer/ pixelio.de