Forum: Bio-Pioniere erzählen aus dem Eckladen

26.04.2016. Conni Jungbluth-Wagner und Detlef Wagner sind Pioniere des Biohandels, und seit 35 Jahren dabei. Über 1.000 Artikel finden sich im urigen Naturkostladen "Keimblatt" im Oberhausener Theaterviertel. Viele Bewegungen haben sie miterlebt und einige mitgemacht - von den ersten Naturkost-Versuchen über einen eigenen genossenschaftlichen Großhandel bis zum heutigen Bioboom. Allein schon optisch lädt der urige Laden an der Annabergstraße zu einer kleinen Reise in eine Keimzelle des alternativen Lebens ein: Wie war das eigentlich, warum wurde man als Bioladen angefeindet, was hat Tschernobyl geändert, und warum kann und sollte man nicht alles selbst machen?

Wie habt Ihr das Keimblatt eigentlich gestartet und auf den Weg gebracht?

"Wir haben damals das Keimblatt übernommen, das vorher einige Monate als Gemeinschaftsprojekt gelaufen war. Wir beide studierten noch vormittags in Bochum Biologie und haben den Laden nachmittags geöffnet. Auf dem Rückweg von Bochum haben wir dann Obst und Gemüse vom Bauern mitgenommen. In den ersten Jahren hat das so sehr gut funktioniert. Mit einem ganz kleinen Sortiment haben wir begonnen, es gab zum Beispiel Trockenfrüchte, Honig, es gab noch keine vegetarischen Aufstriche, keine Schokolade. Dafür gab es beispielsweise Papierprodukte, Hefte, Briefpapier. Zeitschriften, ja Information war damals ein großer Schwerpunkt."

Ist man als Biokosthändler anders mit Bauern verbunden?

"Ja, wir bekommen auch die Sorgen und Nöte der Biobauern mit. Wir bekommen mit, dass ein Bauer, der Vorzugsmilch angeboten hat, den Pachtvertrag für seine Weiden nicht verlängert bekommt. Der Verpächter gibt einem anderen Bewirtschafter den Vorzug, der dort Raps für Biosprit anbaut. Biobauern finden keine Flächen, weil die Großen immer mehr Flächen für sich beanspruchen."

Diese und viele andere Fragen haben Conni und Detlef Wagner beantwortet. Von Beginn an war ihnen der fachliche Hintergrund, das Ernährungswissen wichtig, engagierten sie sich auch kommunalpolitisch, ohne sich ideologisch festzufahren. Und sie erkundeten das neue Wirtschaftsfeld Bio-Essen - als Experimentierfeld. Weil der Großhandel ihnen zu kapitalistisch war, organisierten sie sich in einer eigenen Genossenschaft. Um dann zu erkennen, dass der Großhändler ein großer Idealist und ein verlässlicher Partner ist. Treu geblieben sind sie sich und ihrem Viertel: Der Laden steht dort, wo er 1981 eröffnet wurde, und die Lebensmittel sind aus kontrolliert biologischem Anbau, saisonal, und das Brot ist selbst gebacken.

Das vollständige Interview über ihre Erfahrungen bringen wir in der zweiten FORUM KOMMUNALPOLITIK des Jahres. Die Ausgabe mit dem Schwerpunkt "Landwirtschaft" erscheint am 15. Juni 2016.