OLG: Stadt darf Artikel zum allgemeinen lokalen Stadtgeschehen veröffentlichen

05.07.2021 Darf eine Stadt auf ihrem Internetportalmit eigenen Angeboten in Wettbewerb zur privaten Presse treten? Das Oberlandesgericht Hamm hat sich mit der Frage zu befasst und die Klage eines Verlags aus Dortmund, der von der beklagten Stadt verlangt hat, ihr Internetangebot im Rahmen der kommunalen Öffentlichkeitsarbeit auf die redaktionelle Darstellung der eigenen Aktivitäten zu beschränken, abgewiesen. Nach Ansicht des OLG könne nicht festgestellt werden, dass das Internetportal der Stadt in unzulässiger Weise die private Presse substituiere. Im Hinblick auf den Umfang des Internetportals einschließlich der großen Anzahl an Haupt- und Unterseiten könne nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass durch den Betrieb des Stadtportals in der streitgegenständlichen Form ein Leseverlust bei der privaten Presse und eine damit dem Institut der freien Presse zuwider laufende Meinungsbildung durch den Staat von oben nach unten eintrete.

Zwar würden einzelne Artikel gegen das Gebot der Staatsferne der Presse verstoßen. Diese würden aber aufgrund der abrufbaren Fülle an Informationen „untergehen“.
Die Klägerin unterhält ein digitales Nachrichtenportal und verlangt von der beklagten Stadt, ihr Internetangebot im Rahmen der kommunalen Öffentlichkeitsarbeit auf die redaktionelle Darstellung der eigenen Aktivitäten zu beschränken. Sie meint, das Gebot der Staatsferne der Presse würde es der öffentlichen Hand –und damit auch den Kommunen –untersagen, in Wettbewerb zur privaten Presse mit eigenen Angeboten zu treten. Ausgenommen hiervon sind nach Ansicht des Verlags Veröffentlichungen zur Öffentlichkeitsarbeit in einem gebotenen Umfang. Dieser würde überschritten, wenn z.B. die Stadt Artikel zum allgemeinen lokalen Stadtgeschehen veröffentliche. Insbesondere die Berichterstattung über Fremdaktivitäten in einem „Veranstaltungskalender“, einen Profi-Fußballverein oder „Nightlife“–gehöre nicht in ein städtisches Informationsmedium und sei der freien Presse vorbehalten. Dagegen vertritt die beklagte Stadt u. a. die Ansicht, sie erfülle durch das Internetportal ihre Verpflichtung zur öffentlichen Daseinsvorsorge. Das Landgericht Dortmund hatte in erster Instanz der Klage stattgegeben (Az. 3 O 262/17). Die beklagte Stadt verstoße – so das Landgericht –gegen den Grundsatz der Staatsferne der Presse, weil das von ihr betriebene Internetportal als Informationsplattform mit journalistischen Beiträgen über das gesamte politische und gesellschaftliche Leben in der Stadt berichten wolle. Gegen dieses Urteil wendet sich die beklagte Stadt mit ihrer Berufung.

Urteil OLG Hamm vom 10.06.2021 (Az.4U 1/20), Revision BGH zugelassen