VGH: Keine Verschiebung der Kommunalwahlen

07.07.2020 Der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen hat mit zwei Beschlüssen vom 30. Juni 2020 eine Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen und einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, die die Durchführung der Kommunalwahlen am 13.09.2020 betrafen.
Nach dem Kommunalwahlgesetz müssen Wahlvorschläge von Parteien und Wählergruppen, die nicht ununterbrochen in der zu wählenden Vertretung, der Vertretung des zuständigen Kreises, im Landtag oder aufgrund eines Wahlvorschlags aus dem Land im Bundestag vertreten sind, je nach Größenordnung des Wahlbezirks von bis zu 20 Wahlberechtigten aus dem jeweiligen Wahlbezirk persönlich und handschriftlich unterzeichnet sein. Die Wahlvorschläge müssen spätestens am 59. Tag vor der Wahl (hier ursprünglich am 16. Juli 2020), 18 Uhr, beim Wahlleiter eingereicht werden.

Am 3. Juni 2020 trat das Gesetz zur Durchführung der Kommunalwahlen 2020 in Kraft, mit dem der Landesgesetzgeber auf mögliche Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die anstehenden Kommunalwahlen reagierte. Nach § 6 des Gesetzes zur Durchführung der Kommunalwahlen 2020 können Wahlvorschläge nicht nur bis zum 59. Tag, sondern bis zum 48. Tag vor der Wahl (hier: 27. Juli 2020), 18 Uhr, beim Wahlleiter eingereicht werden. Ferner wurde die Anzahl der notwendigen Unterstützungsunterschriften für Wahlbezirksvorschläge und Reservelisten auf 60 % des sonst erforderlichen Quorums gesenkt.
Der Beschwerdeführer im Verfassungsbeschwerdeverfahren (VerfGH 63/20.VB-2) beabsichtigte die Gründung einer örtlichen Wählervereinigung. Bei dem Antragsteller im Verfahren VerfGH 76/20 handelt es sich um den Landesverband der Familien-Partei Deutschlands. Im Wesentlichen wurde argumentiert, dass die Kontaktsperren sowie Versammlungs- und Reiseverbote es unmöglich machten, die Fristen für die Aufstellung der Kandidierenden, die Einreichung der Wahlunterlagen und das Sammeln von Unterstützungsunterschriften einzuhalten. Auch der Wahlkampf sei insbesondere für die kleinen Parteien und Wählervereinigungen stark eingeschränkt. Dies verletze den Grundsatz der Chancengleichheit. Die Absenkung des Unterschriftsquorums und die Verlängerung der Frist zur Einreichung der Wahlvorschläge seien nicht ausreichend, um die pandemiebedingten Nachteile auszugleichen. Deshalb sollte der Termin der Kommunalwahlen auf den 1. November 2020 oder das Frühjahr 2021 zu verschieben. Ferner müsse auf das Erfordernis zur Beibringung der Unterstützungsunterschriften unter den aktuellen Bedingungen verzichtet werden.

Die Zurückweisung der Verfassungsbeschwerde hat der Verfassungsgerichtshof im Wesentlichen damit begründet, dass der Gesetzgeber auf die pandemiebedingten Erschwernisse bei der Sammlung der sogenannten Unterstützungsunterschriften durch die Absenkung der Quoren und die Verlängerung der Frist zur Einreichung der Wahlvorschläge in einer verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Weise reagiert habe. Auch die Verlängerung der Wahlperiode durch den Gesetzgeber sei verfassungsrechtlich nicht zwingend erforderlich. Die Durchführung der Kommunalwahlen am Ende der laufenden Wahlperiode sei durch das im Demokratieprinzip wurzelnde Gebot der Periodizität von Wahlen gerechtfertigt. Die Entscheidung für den konkreten Wahltermin am 13. September 2020 habe das Ministerium des Innern im Wesentlichen darauf gestützt, dass bei einem Wahltermin ab dem 27. September 2020 entweder der Haupt- oder der Stichwahltermin in die Herbstferien falle. Ferienbedingte Abwesenheiten wirkten sich nachteilig sowohl auf die Wahlorganisation als auch auf die Wahlteilnahme aus.
Die jeweiligen Urteile finden sich hier: VerfGH 63/20.VB-2 und VerfGH 76/20