Wohnraum: Zu teuer und zu wenig

09.08.2021 Neue Studie mit Daten für alle 77 Großstädte zeigt auf, dass fast die Hälfte der Haushalte in deutschen Großstädten eine zu hohe Mietbelastung tragen und mehr als 1,5 Millionen leistbare und angemessene Wohnungen fehlen.
49,2 Prozent der rund 8,4 Millionen Haushalte, die in Deutschlands Großstädten zur Miete wohnen, müssen mehr als 30 Prozent ihres Nettoeinkommens ausgeben, um ihre Miete (bruttowarm) zu bezahlen. Das entspricht mehr als 4,1 Millionen Haushalten, in denen etwa 6,5 Millionen Menschen leben. Dabei sind eventuelle Sozialtransfers und Wohngeld bereits berücksichtigt. Bei Sozialwissenschaftlern wie bei Immobilienexperten gilt eine Mietbelastungsquote oberhalb von 30 Prozent des Haushaltseinkommens insbesondere bei Haushalten mit niedrigerem Einkommen als problematisch, weil dann nur noch relativ wenig Geld zur sonstigen Lebensführung bleibt.

Auch viele Vermieter ziehen hier eine Grenze, weil sie zweifeln, dass Mieter sich mit weniger Einkommen ihre Wohnung dauerhaft leisten können. Gut ein Viertel (25,9 Prozent) der Haushalte in den 77 deutschen Großstädten, das entspricht knapp 2,2 Millionen Haushalten mit knapp 3,1 Millionen Bewohnerinnen und Bewohnern, müssen sogar mindestens 40 Prozent ihres Einkommens für Warmmiete und Nebenkosten aufwenden, knapp 12 Prozent oder fast eine Million Haushalte gar mehr als die Hälfte. Die mittlere Mietbelastungsquote (Medianwert) für alle Mieterhaushalte in Großstädten liegt bei 29,8 Prozent für die Bruttowarmmiete und damit knapp unter der Überlastungsgrenze. Die Entwicklung der Wohnversorgung zeigt in den 77 untersuchten Großstädten ein Defizit an leistbaren und angemessenen Wohnungen. Dieser „harte Kern“ der Wohnungsnot entspricht über 18 Prozent aller Miethaushalte in den Großstädten. Das Versorgungsdefizit betrifft vor allem kleine Haushalte und Einkommensklassen mit geringen Einkommen.
Das ergibt eine neue, von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Das Forschungsteam hat dafür die neuesten verfügbaren Daten des Mikrozensus ausgewertet. Auf dieser Basis liefert die Untersuchung für 2018 auch detaillierte Zahlen für jede einzelne Großstadt in der Bundesrepublik (siehe auch die ausführlichen Tabellen am Ende der Studie).

Andrej Holm, Valentin Regnault, Max Sprengholz, Meret Stephan: Die Verfestigung sozialer Wohnungsprobleme. Entwicklung der Wohnverhältnisse und der sozialen Wohnversorgung von 2006 bis 2018 in 77 deutschen Großstädten.